oto: © Monika Wall-Penz
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Dienstag, 15. Oktober, 19:30, Café Korb Wien, "Poesie und Politik", mit Ditha Brickwell & Richard Schuberth
Donnerstag, 17. Oktober, drei mal drei, mit Ferdinand Schmatz und Stephan Roiss im Eferdinger Gastzimmer, kuratiert von Marianne Jungmaier und Karin Peschka.
Neueste Publikationen:
In Bewegung. Annäherungen und Begegnungen, Löcker Verlag
Locker vom Hocker. Gedichte, mit Collagen des Autors, Verlag Bibliothek der Provinz
eleftheria, Haikus, mit Zeichnungen des Autors, Edition Tandem
Den Kreis gezogen auf dem Echo der Wellen. Erinnerungen und
Hommagen zum 70er von Richard Wall. Hg.: Markus Vorauer, Löcker Verlag
DAS JAHR DER RATTE. Ein pandämonisches Diarium
Löcker Verlag, Wien 2021, ISBN 978-3-99098-082-8
Das Buch erzählt vom Leben eines Künstlers und Schriftstellers in der Abgeschiedenheit eines Waldviertler Steinhauses. Er beobachtet die Veränderungen, die sowohl die Jahreszeiten als auch die Wetterkapriolen des Klimawandels mit sich bringen, und blickt zurück auf ein bewegtes Leben. Immer wieder beschäftigt ihn die Frage, wie ein Leben inmitten der weltweiten Schrecken und Ungerechtigkeiten zu führen sei.
Richard Walls Diarium bietet hellwache politische Reflexionen ebenso wie poetische Notate und sensible Beobachtungen in einer von Umbrüchen irritierten Gesellschaft.
Rezension von Dr. Hans Höller, Salzburg, in Literatur und Kritik:
Das Jahr der Ratte.
Richard Walls pandämonisches Diarium des Jahres 2020.
Wien: Löcker 2021
Kein Tag des Jahres 2020, der nicht mit Datum und Wochentag genannt wird. Und zu jedem Tag eine Eintragung. So verschieden wie deren jeweiliger Umfang sind die Themen und literarischen Formen: Gedichte, aber auch Radiosendungen oder Fernsehbeiträge, Erzählungen aus dem Alltag, überhaupt die durchgängige Beziehung auf den Alltag. Reiseberichte, Lektürehinweise, Bildbeschreibungen. Die Rituale der täglichen Wege in die vertraute Waldviertler Landschaft, aber auch Erkundungen europäischer Städte, Treffen mit Schriftstellern und Künstlern, vor allem im nah gelegenen Tschechien. Unwillkürliche Erinnerungen, überhaupt eine Vielfalt der Arten und Weisen von Erinnerung, vor allem als Eingedenken. Durchgehend die Aufmerksamkeit für den aufrechten Gang, den Widerstand gestern und heute.
In Richard Walls ‚pandämonischem Diarium‘ rumort der gute Dämon des Widerstands. Die herbe Schönheit, und wenn sie manchmal auch unfrisiert ist, liegt in diesem Buch darin, dass es in der dargestellten Vielfalt erlebter und reflektierter Realität die Idee eines gelingenden Lebens wach hält.
Kann aber eine solche Fülle von Inhalten und Darstellungsweisen erfreulich zu lesen sein, 329 Seiten lang?
Ich habe das Buch gelesen, manches überlesen, wieder zurückgeblättert, in einem Tagebuch muss nicht alles ausgefeilt sein, es ist keine Novelle. Es enthält Vorschläge, wie man heute leben könnte. Es braucht ein entdeckerisches Lesen, ist auch so geschrieben, dass es selbst dazu einlädt – vor allem durch seinen wachen Sinn für Bilder. Ich weiß, dass ich darin immer wieder lesen möchte. Und bei vielem weiß ich, dass es unvergesslich ist.
Ein Foto
Unter dem Datum Mittwoch, 2. September 2020, findet man eine Fotografie des Schriftstellers und Attersee-Berufsfischers Hans Eichhorn, der Ende Februar 2020 gestorben ist. Bildunterschrift: „Hans Eichhorn am See, 2002“. Der See ist der Attersee, nicht der Hallstättersee, an dessen Ufer sich das Erinnerungsbild einstellt. Der Tagebuch-Eintrag hält es fest, es ist einer der Texte in einem Buch, das auf sehr persönliche Weise Menschen würdigt und Dinge und Ereignisse vergegenwärtigt, um sie vor dem Vergessen zu retten:
„Neulich, am Hallstättersee, als C. ins Wasser sprang: Das Wasser eines Salzkammergutsees zu riechen, das leise Klicken der Kiesel am Ufer, das Plätschern von Wellen unter den von Bohlen getragenen Pfosten eines Landungsstegs zu hören, lässt stets – unwillkürlich – Bilder von Dir, o Hans, entstehen, wie du … zum Bootshaus gehst, in Stiefeln, die Schultern etwas hochgezogen & den Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, so als hättest Du Gegenwind.“
Solche unwillkürlichen Erinnerungsbilder erscheinen mir bezeichnend für die Aufmerksamkeit des Autors für andere Autorinnen und Künstler, für den sorgfältigen Blick auf Lebens- und Arbeitszusammenhänge, auf die Haltung eines Menschen oder auf die Besonderheit von Räumen, in denen er sich bewegt. Mehrmals erscheint in Walls Büchern der Fischer als Imago des Dichters. Das Motto-Gedicht von Vincent Woods am Beginn der Connemara-Erzählung beginnt mit den Versen: I went fishing for a lost word / And found myself“ (Am Äußersten. Irlands Westen. Tim Robinson und Connemara, Wildleser-Verlag 2020).
Artenvielfalt und literarische Genrevielfalt
In einem erhellenden Essay (Lärm und Wut. Eine Annäherung an das schriftstellerische Werk von Richard Wall) hat Markus Vorauer darauf hingewiesen, dass in der Prosa von Richard Wall Gedichte und lyrische Elemente eine besondere Rolle spielen. Was ihn von der illustren Runde von Schriftstellern wie Karl-Markus Gauß, Martin Pollack, Claudio Magris und vor allem von W. G. Sebald „trotz der vielen Gemeinsamkeiten“ unterscheide, sei „seine ebenso starke Präsenz als Lyriker“.
Gleich nach der Einleitung folgt im ‚pandämonischen Diarium‘ Das Jahr der Ratte ein Anrufungsgedicht. Ich nenne es die ‚Streifenfluren-Ode‘, weil hier der Waldviertler Landschaft etwas klassisch Antikes verliehen wird:
O ihr Streifenfluren / Gesäumt von Birken & Ebereschen, / Hecken ihr, siebend das Winterlicht, / Schlehen & Hagebutten offerierend / den Wildvögeln, mir & anderen Streunern, / doch das Wesen der Lilien / auf dem Feld & der Vögel des Himmels / wird auch nach 2000 Jahren des Beschwörens / nur von wenigen verstanden.“
Das an die antike Oden-Strophe angelehnte Gedicht trägt unverkennbar die literarische Handschrift des Dichters: im beschworenen Miteinander mit den Wildvögeln und Streunern; in der Idee einer gastlichen Welt, die an Theodor Kramer denken lässt; sogar in der berühmten Evangelien-Stelle von den Lilien auf dem Feld ist die Stimme des heutigen Autors herauszuhören, für den die Naturdinge mehr sind als Objekt der Ausbeutung oder bloßes Mittel zum Zweck.
Das Waldviertel ist die Lebenslandschaft des Schriftstellers geworden, seit er vor mehreren Jahren mit seiner Frau aus dem immer weiter vom Verkehr zerstörten Lebensraum nordöstlich von Linz dorthin übersiedelte. „Zudem behagte [ihm] ein Leben am Rande schon immer stärker als im Zentrum. Das Abseits […] ist eine formidable Beobachterposition, die richtige für einen ernsthaften Schriftsteller.“
Die Frau ist in diesem großen Tagebuch mit der Abkürzung des Vornamens „M.“ anwesend. Diese Kürzel ist mehr als eine bloße Namenskürzel, so diskret sie auch vorkommt, sie ist unverkennbar für den Schreibenden die Instanz. Man könnte mit den bekannten Versen aus einem Brecht-Gedicht von ihr sagen: „Fehlte sie / wie trostlos dann wären / Haus Bäume und See.“
Landschaftsschriftsteller der analytischen Moderne
Im Nachwort zu Walls Gedichtband Achill steht eine anschauliche theoretische Rechtfertigung des Schriftstellers, der in der Landschaft über die Landschaft schreibt:
„Ich muss, gleich wo ich bin, viel ‚draußen‘ sein, Gewohnheiten und Bequemlichkeiten durchbrechen, um meine Wahrnehmungsfähigkeit immer wieder aufs Neue zu überprüfen. Bekanntlich gelingt das Wahrnehmen und Aufnehmen eines städtischen wie ländlichen Zeichensystems am ehesten durch langsames Fortbewegen, durch das Gehen.“ Es ist der immer wieder neue Versuch des Schriftstellers, „Wahrnehmung, Assoziation und Gedanken kurzzuschließen, Funken zu ermöglichen beim (simultanen) Zueinander von Wahrnehmung und Sprache“.
So ist Landschaft für Wall nichts Gegebenes, Feststehendes, seine Auseinandersetzung mit ihr stellt eine wahrnehmungs- und zeichentheoretisch versierte Untersuchung dar. Nicht zufällig steht am Beginn von Richard Walls ‚Irland-Zyklus‘ das Wittgenstein-Buch (Wittgenstein in Irland, 1999). Einer der bedeutendsten Literaturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, George Steiner, hat es im Guardian als verborgenes Juwel bezeichnet: „Wall provides an unforgettable understanding of ‚Irish Wittgenstein'. It is a discret jewel.“
Komm! ins Offene, Freund!
Oft folgt man beim Lesen des ‚pandämonischen Diariums‘ des Jahres 2020 dem Autor auf seinen Wegen hinaus in die Landschaft, hinauf auf die Hügel, die den Blick ins Offene freigeben; immer wieder findet man notiert, wie sich der bedeckte Himmel öffnet oder, wie auf andere Weise die Welt sich öffnet, wenn Menschen ins Licht gerückt werden, die entweder in ihrer Zeit schon verdrängt und vergessen waren oder im herrschenden Überlieferungszusammenhang verloren gingen. Es wird von Gedenkveranstaltungen erzählt, von Ausstellungen in Berlin oder in Paris, vom Spartakusaufstand in Berlin und von der Pariser Commune, manchmal ist es ein Epitaph oder ein Buch oder eine Fotografie, die zurückführen in die Vergangenheit, um im der Erinnerten den „Funken der Hoffnung“ anzufachen (Walter Benjamin). Aber neben dieser memorialen Tiefe gibt es das heitere Sich-Umtun, den Sinn für Begegnungen und Feste, die Lust am Essen und Trinken, und nicht selten ist es der dem Lebendigen zugewandte Witz, der eine befreiende Wendung der Dinge herbeiführt.
Mit einer solchen heiter gekünstelten – karnevalistischen – Wendung lässt Richard Wall sein Tagebuch der Corona-Pandämonie schließen. Im sinistren Titel Das Jahr der Ratte. Ein pandämonisches Diarium wird die verborgene andere, eigentlich richtige Bedeutung freigelegt. In den letzten Zeilen des Buchs lesen wir, dass dem „chinesischen Horoskop nach der Großteil des Jahres 2020 das Jahr der Metall-Ratte“ war. „Die Ratte ist das erste Zeichen im chinesischen Tierkreis; daher wird dieses Jahr als eine Zeitspanne des Neubeginns & der Erneuerung betrachtet. Im Verständnis der alten Chinesen ist die Ratte nicht negativ konnotiert, im Gegenteil: Sie ist ein Symbol für Glück & Wohlstand.“
Am Äußersten. Irlands Westen, Tim Robinson und Connemara. Wildleser Verlag Erlangen.
Mit diesem Buch wird das erste Mal im deutschen Sprachraum ein in Irland und Großbritannien gefeierter „Non-Fiction“-Autor vorgestellt: Tim Robinson (1935-2020), Kartograph, Kulturphilosoph, Schriftsteller und Umweltaktivist. Er starb Anfang April dieses Jahres als eines der ersten prominenten Opfer der Covid-19-Pandemie.
Im äußersten Westen Europas liegt Connemara, eine Kulturlandschaft von herber Schönheit. Robinson, ein gebürtiger Engländer, hat diesem Land zwischen kahlen Bergen und vom Atlantik geformten Küsten – einem der letzten Gebiete Irlands, wo noch Irisch gesprochen wird – mit seiner Connemara-Trilogie ein Denkmal gesetzt: Listening to the Wind, 2006; The last Pool of Darkness, 2008; A little Gaelic Kingdom, 2011.
Erich Hackl
Der Querfeldeingeher
„Nichts ist abgehakt, alles ist in Bewegung“: Zu zwei Büchern des Beschreibungskünstlers Richard Wall
Richard Wall ist einer der begabtesten, sprachmächtigsten Schriftsteller Österreichs. Trotzdem wird er kaum wahrgenommen. Der Grund für das Missverhältnis von Bedeutung und Anerkennung ist, mehr noch als in seiner Weigerung, sich Geschichten und Gestalten auszudenken, in Walls Vorliebe für kurze Prosaformen zu suchen, die sich keiner Gattung zuordnen lassen. Dazu kommt sein als antiquiert, literarisch belanglos erachtetes Wissen über bäuerliche wie handwerkliche Fertigkeiten und die Beharrlichkeit, mit der er den Verlust von Lebensbedingungen anprangert, die unter die Kontrolle von Herrschaft und Profit geraten sind. Es ist also weniger die Enteignung als die Entfremdung, die ihn umtreibt – im wörtlichen Sinn: zu Fuß, querfeldein –, und zwar sowohl in seiner näheren Umgebung, dem österreichischen Hügelland nördlich der Donau, als auch in anderen peripheren Landstrichen Europas, vom Peleponnes bis Portugal. Dabei vertraut er nicht nur seinem scharfen Blick, sondern verschafft sich auch innige Kenntnisse über Natur, Arbeit, Sozialgeschichte der jeweiligen Region und sucht nach Spuren derer, die sich mit den gesellschaftlichen Gewaltverhältnissen nicht abfinden wollten. Hätte der Begriff seine Aussagekraft wegen inflationären Gebrauchs nicht schon eingebüßt, müsste man Walls literarisches Schaffen als nachhaltig bezeichnen.
Das erweist sich auch an seinen jüngsten Buchveröffentlichungen. Die eine, Am Äußersten, verbindet einen emphatischen Nachruf auf den britischen Kartographen und Schriftsteller Tim Robinson (1935-2020) mit einem Streifzug durch Connemara, den westlichen Teil der irischen Grafschaft Galway, der scheinbar nicht mehr bietet als „eine zerfranste Küstenlinie aus Granit, mit vorgelagerten Inseln und weit ins Land reichenden schmalen Buchten“. Was da und im „harschen Hinterland aus Bergen, Seen und Mooren“ alles zu sehen, hören, riechen und schmecken ist, beschreibt Wall knapp und überaus anschaulich. Das Zischen der Gischt zum Beispiel, den heiseren Schrei des Graureihers, sogar „die Kratzgeräusche des Heidekrauts an den aufragenden Felsen, das Scheuern der Farne, Binsen und Schilfrohre, das dunkle Surren in den Zweigen abgestorbener Bäume und Sträucher, das polyphone Pfeifen in den Kabeln der Strom- und Telefonleitungen...“
Connemara ist für Wall nicht nur aufgrund der kargen, unverstellten Landschaft ein Herzensort, den er seit seiner ersten Reise Mitte der siebziger Jahre unzählige Male aufgesucht hat, sondern auch wegen der Einheimischen, die sich der Globalisierung widersetzen und trotz oder gerade wegen ihres einsamen Daseins zur Geselligkeit neigen. In mündlicher Überlieferung bewahren sie die Erinnerung an Hungersnöte, Seestürme und politische Verfolgung, die ihre Vorfahren erdulden mussten. Walls Augenmerk gilt aber ebenso den Auswärtigen, die sich vorübergehend oder auf Dauer hier niedergelassen haben, dem schon erwähnten Tim Robinson etwa, der auf seinen akribisch gezeichneten Karten der Region ihre ursprünglichen irischen Namen und Bezeichnungen zurückgab, oder dem Philosophen Ludwig Wittgenstein, der 1948 sechs Monate in einem abgeschiedenen Cottage verbracht hatte, weil Connemara – seinen Worten zufolge – „eines der letzten europäischen Dunkelheitsreservoirs“ sei und er „nur in Dunkelheit gut denken“ könne.
Bei Richard Wall hingegen zeigt sich, dass es zum Denken, zum Wahrnehmen und Deuten (was, nach Wittgenstein, ein und dasselbe ist) vor allem des Gehens bedarf. „Nichts ist abgehakt, alles ist in Bewegung“, schreibt er, „auch das scheinbar Bekannte überrascht mit neuen Aspekten.“ Das Zitat könnte als Motto dem zweiten Prosaband voranstehen, in dem nichts weiter geschieht als eben das, was der Titel Gehen verspricht: Ein Mann, der die Lebensmitte schon überschritten hat, aber noch gut bei Fuß ist, durchmisst an einem trüben Frühlingstag die Fluren und Wälder in der Umgebung seines Mühlviertler Kindheitsdorfes. Auf die Gegenwart von Schauen, Sinnieren und Verzweifeln – über „das Verbauen und Verbunkern, das Planieren und Plündern, das Dahinbolzen und Dahinblitzen“ – fällt die Erinnerung an früher, als der Umgang der Menschen mit ihresgleichen und mit der Natur nicht allein von Effizienz und Raffsucht bestimmt war. Es gab noch etwas anderes, Zielloses, Zweckfreies, oder ist dieser Eindruck nur der Sehnsucht des Protagonisten geschuldet? Auch wenn seine Stimmung zwischen Wut und Trauer schwankt, wäre es verkehrt, in Walls Alter Ego einen Nostalgiker zu erkennen, der die Härte, die Schinderei verklärt, in die Mensch und Tier eingespannt waren. Was ihn wirklich bekümmert, sind die vertanen Möglichkeiten: Denn es hätte, auf dem Land und auch in den Städten, nicht zu dieser Vereisung zwischen den Menschen kommen müssen. Nicht so schnell, nicht ohne Gegenwehr. Bei aller Schönheit der Sprache ist Walls behutsame, ungemein präzise Erzählung auch ein erbittertes Traktat gegen den Kapitalismus.
Richard Wall: Am Äußersten. Irlands Westen, Tim Robinson und Connemara. Wildleser-Verlag, Erlangen 2020. Gehen. Stadtlichter Presse, Wenzendorf 2019.
Ersterscheinung: junge welt, 19. Oktober 2020
Einladung zum XI. Internationalen Lyrikfestival "Meridian" nach Czernowitz, 4.-6. September 2020.
2019 erschienene Bücher:
Streumond und Nebelfeuer, Gedichte, Löcker Verlag
Gehen, Prosa, Stadtlichter Presse, Wenzendorf bei Hamburg
Zeitschrift "Künstliches Licht"- Kulturwissenschaftliche Interventionen: 15/VII.JG./2019: Kuba.Der rostige Nagel der Revolution, Reiseprosa und Fotografien.
sowie:
Schwerpunkt Richard Wall. 12/V.Jg./2017Mit einem Interview, einem literaturwissenschaftlichen Essay von Dr. Markus Vorauer, Fotos von Helmut Steinecker & neuen Texten von & über Streith & Venedig.
Neu im Netz: Ein experimenteller Animationsfilm mit einem Text von Richard Wall, Kamera & Regie Thomas Steiner:
"HerzAsphaltMörderGrubenRhapsod
In der Leere das Sitzen in der Drift der Tage, Prosa, Löcker Verlag, Wien 2014
Streith, Gedichte, Reihe "Neue Lyrik aus Österreich", Band 6, Verlag Berger, Horn
2014
Richard Wall Podium Porträt 73, Gedichte, mit einem Essay von Christian Teissl, Hrsg. Hannes Vyoral, Wien
Rezension Jatzek: http://www.wienerzeitung.at/
Kleines Gepäck. Aus einem anderen Europa, Prosa. Kitab Verlag, Klagenfurt.www.kitab-verlag.com
(lesen Sie dazu die Rezension von Erich Hackl: http://diepresse.com/home/
Gehen gegen den Wind,
Gedichte Notate Stimmen. Löcker Verlag. http://www.loecker-verlag.at/sites/dynamic.pl?sid=&action=shop&item=272&group=&words=wall
Irgendetwas zieht immer weitere Kreise. Bukolische Prosa. Wildleser Verlag Erlangen. http://www.klaus-gasseleder.de/
Nachlese zur Buchpräsentation von Feld, Wiese, Apfel, Stadel, Stall, Sau, Pferd, Kuh, Ofen,
Brot oder Holz. Bruchstücke einer Biographie: http://www.volksblatt.at/kultu
Ausstellungen: mare nostro. Galerie Forum Wels, 5. Juni bis 29. Juni 2024
Galerie CART, Stadtplatz Pregarten, GELB, 28. Juni bis 1. September 2024 (Beteiligung)
Lesungen:
15. Oktober, 19:30, Café Korb Wien, "Poesie und Politik", mit Ditha Brickwell & Richard Schuberth
17. Oktober, drei mal drei, mit Ferdinand Schmatz und Stephan Roiss im Eferdinger Gastzimmer, kuratiert von Marianne Jungmaier und Karin Peschka.
Rezension von J. G. Hammer im "Podium"
Mit STREUMOND UND NEBELFEUER betritt ein bedeutender Lyriker, Prosaist und Bildender Künstler Österreichs, nämlich Richard Wall erneut die kleine, aber feine Bühne der Poesie und liefert auch gleich das Umschlagbild des schön gestalteten Gedichtbandes mit.
Seine Ars poetica hat sich in jahrzehntelanger Arbeit im Grenzbereich zwischen Bild und Sprache an einem geistesgegenwärtigen Spiegel geschliffen, der, gleichzeitig Rück- und Vorderseite, sozusagen den Sprachraum extrem krümmend eine Einstein-Rosen-Brücke zwischen Hier und Dort, zwischen äußerster Nähe und innerster Ferne erzeugt, Erinnerungen ausleuchtend und gleichzeitig Zukunft antönend, und dies im Bewusstsein, dass diese Zeitenfolge nur ein vorläufiges Konstrukt ist.
Die große Spannweite Wall’scher Geistesflüge, das breite Spektrum, worin sich Wahrnehmung, Erinnerung und Reflexion zu Versen vereinbaren und einander die Feder reichen, auch nur in Umrissen deutlich werden zu lassen erscheint dem Rezensenten in diesem begrenzten Rahmen als ein Unterfangen, das selbst einem glücklichen, ja übermütigen Sisyphos wohl dunkle Wolken auf die Stirn zauberte.
Da erscheinen beispielsweise im Zyklus UNI-PER-VERS-UM präzise Befunde der (Un)Weltlagen z.B. im Gedicht ZUR LAGE (p73) … Welt/Eine Spule, aus der sich jede und jeder/Seine irren//irrenden Fäden spinnt./...
und erhält im Gedicht RÄTSEL (p92) aus dem Zyklus WIRBELBLICKE der Widerstand gegen eine augenscheinlich ökologisch und in ihrer Humanität missglückende Welt in Form auch des poetischen Wortes seine gültige Punze: … Erfolgreich Widerstand/Zu erkennen in/Erleuchteten Wänden –// Und den Schatten Gaben bringen/Über Gräber hinweg- /Sing wenn du wieder zu dir kommst.//Sing!
Dann wiederum wird das vom Dichter noch Wahrzunehmende, das dem allgemeinen Blick schon unsichtbar geworden ist, im Gedicht BLICKWIRBEL
an einigen Beispielen als ein geheimnisvolles Atmen von Leben & Tod vor Augen und Ohren geführt, ein Atmen, das in KLAVIATUR DES LICHTS (p94) aus dem Blickwinkel des Bildenden Künstlers das Verschwinden des Lichts in folgende Synästhesie fasst: …Das Geschaute ihn ihm/Als Dreiklang/verweht.
Unmittelbar Erlebtes führt bei Wall zu Gedanken, die ihrerseits wieder in der Reflexion des/der Lesenden zu Erlebnissen werden, ja manchmal auch zu Ersterbnissen, wenn der Poet in hellwacher Achtsamkeit der Natur gegenüber, nun selbst mit ihr ein Wesen, ein Wehen, ihre/seine Vergänglichkeit oder Zerstörung in Gedichten wie DAS ZITTERN DER ÄSTE IN MIR (p55), UFERBEREINIGUNG (p64) oder EPITAPH AUF EINE QUELLE (p65) zur Sprache bringt.
Und so führt Richard Wall unbeirrt sein Logbuch durch all die Wellengänge seiner Tage und Nächte und hinterlässt uns keine Strohfeuer, sondern Leuchttürme, die uns in dieser Zeit der großen Umbrüche
helfen, Kurs zu halten. Ahoi!
"Die Wortherde flockt ..." - eine Wort-Ton-Collage von Christa Wall & Richard Wall: